WIEN
GEBIET & WEIN
Noch im späten Mittelalter standen Reben auch innerhalb der Stadtmauern von Wien bis in den heutigen ersten Bezirk. Heute liegt der Schwerpunkt des Weinbaus in den Vororten am Stadtrand: Die Lagen am Bisamberg nördlich der Donau – bewirtschaftet von Winzer*innen aus Strebersdorf, Stammersdorf und Jedlersdorf – sind günstig für die Burgunderfamilie. Von Ottakring über Hernals hinauf nach Pötzleinsdorf und vor allem im 19. Gemeindebezirk mit den Ortsteilen Heiligenstadt, Nussdorf, Grinzing, Sievering und Neustift am Walde sind Riesling, Grüner Veltliner, Chardonnay und Weißburgunder auf den unterschiedlich kalkreichen Böden bevorzugt. Wiederentdeckt wurde die Toplage Nußberg, die junge, ideenreiche Winzer*innen aus allen Teilen der Weinstadt – auch Quereinsteiger*innen – beinahe magisch anzieht. Im Süden Wiens mit Rodaun, Mauer und Oberlaa sind Rendsinen, Braun- und Schwarzerdeböden zu finden, gut für kraftvolle Weißweine und opulente Rotweincuvées.
Kaum ein*e Winzer*in verzichtet aber auf den traditionellen Gemischten Satz, bei dem im Weingarten verschiedene Rebsorten gemeinsam ausgepflanzt sind, die auch gemeinsam geerntet und zu Wein verarbeitet werden. 2008 wurde der „Wiener Gemischte Satz“ in die Reihe der österreichischen Produkte der Slow Food Arche des Geschmacks aufgenommen, 2013 erhielt er DAC-Status und ist seither der herkunftstypischste Wein des Weinbaugebiets Wien. Die entsprechende Verordnung schreibt vor, dass zumindest drei weiße Qualitätsweinrebsorten gemeinsam in einem Wiener Weingarten angepflanzt sein müssen, der im Kataster des Wiener Rebflächenverzeichnisses als Wiener Gemischter Satz eingetragen ist.
Der größte Sortenanteil einer Rebsorte darf nicht höher als 50 % sein, der drittgrößte Anteil muss zumindest 10 % umfassen. Insgesamt sind in Wien rund 220 Hektar mit gemischtem Satz bestockt. Dabei prägt das Terroir – wie oben beschrieben – auch die Rebsortenverteilung und Stilistik des Wiener Gemischten Satzes. Gebietsweine sind zugänglich und spiegeln die Vielfalt der städtischen Weingärten wider. Ortsweine sind kräftiger; sie tragen die Namen der traditionsreichsten Weinbaugemeinden Wiens. Die DAC-Riedenweine werden durch längeren Ausbau vielschichtiger – langes Trinkvergnügen ist garantiert.
Seit jeher beliebt war der Gemischte Satz in den einzigartigen Wiener Heurigen, deren Anziehungskraft bis heute besteht. Ob typischer Heuriger mit warmen Speisen und großem Buffet oder kleine, versteckte Buschenschank mitten in den Weingärten, die nur wenige Wochen im Jahr „ausg’steckt“ hat – ein wahrer Anziehungspunkt sind sie alle, für Einheimische wie für Tourist*innen. Aufgrund ihrer herausragenden kulturellen Bedeutung wurde die Wiener Heurigenkultur 2019 sogar in das Nationale UNESCO-Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes in Österreich aufgenommen.